Haftung des Auftraggebers für Sozialabgaben

Grundsätzlich keine Haftung des Auftraggebers für Sozialabgaben

Grundsätzlich ist nur der Arbeitgeber in der Haftung für Sozialabgaben, nicht jedoch der Auftraggeber
Grundsätzlich ist nur der Arbeitgeber in der Haftung für Sozialabgaben, nicht jedoch der Auftraggeber

Vom Grundsatz besteht Deutschland keine Haftung des Auftraggebers für Sozialabgaben. Verantwortlich für deren Abführung ist vielmehr der Arbeitgeber. Dieser hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen, § 28e Abs. 1 SGB IV. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag teilt sich auf in einen Anteil für Arbeitgeber und einen Anteil für Arbeitnehmer. Beide Anteile führt der Arbeitgeber zwar ab, den Arbeitnehmeranteil kann der Arbeitgeber jedoch vom Lohn des Arbeitnehmers abziehen. Weitere Personen haften grundsätzlich nicht für die Abführung der Sozialabgaben. Es gibt jedoch bekanntlich keinen Grundsatz ohne Ausnahmen.

Ausnahmsweise weitere Haftung des Auftraggebers für Sozialabgaben in gewissen Branchen

Entgegen dem Grundsatz, wonach nur der Arbeitgeber die Sozialabgaben abführen muss, gibt es für manche Branchen jedoch Sonderregelungen. Diese sehen vor, dass auch Vertragspartner des Arbeitgebers für Sozialabgaben haften müssen. Eine entsprechende Sonderregelung gibt es etwa für Bergwerksbetriebe und Reeder, § 28e Abs. 2 und 3 SGB IV. Bekannter ist jedoch die Haftung für Unternehmer des Baugewerbes sowie Unternehmen im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste. Weiter existiert auch eine entsprechende Haftung für Unternehmen der Fleischwirtschaft, § 3 GSA Fleisch. Im Rahmen dieser letztgenannten Haftungen ist es auch möglich, dass sich Auftraggeber von ihrer Haftung lösen können, etwa durch Vorlage von lückenlosen Unbedenklichkeitsbescheinigungen.

In einzelnen Branchen besteht eine Haftung des Auftraggebers für Sozialabgaben
In einzelnen Branchen besteht eine Haftung des Auftraggebers für Sozialabgaben

Eine weitere besondere Haftung besteht beim Einsatz von Leiharbeitern. Führt das Leiharbeitsunternehmen die Sozialabgaben nicht in vollem Umfang ab, haftet der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Relevant werden kann dies zum einen, wenn Leiharbeitsunternehmen keine Sozialabgaben abführen. Es ist aber auch möglich, dass trotz Abführung von Sozialabgaben eine Bürgenhaftung besteht. Diese ist dann gegeben, wenn beispielsweise Vorschriften zum Equal Pay verletzt werden. Auch in diesem Fall besteht eine Haftung des Entleihers für nicht abgeführte Sozialabgaben. Dies gilt auch, wenn der Leiharbeiter den Differenzlohn zum Equal Pay nicht erhalten hat. Man spricht hier auch vom Phantomlohn oder dem Entstehungsprinzip.

Eine ähnliche Haftung besteht auch für Beiträge zur Unfallversicherung. Nach § 150 Abs. 3 SGB VII haften die oben genannten Branchen auch für Beiträge zur Unfallversicherung, Aber auch hier gibt es Möglichkeiten, sich durch spezielle Unbedenklichkeitsbescheinigungen von der Haftung zu befreien.

Haftung bei Scheinwerkverträgen und Einsatz von Scheinselbständigen

Eine weitere Haftung für Sozialabgaben kann beim Einsatz von Scheinwerkverträgen (auch illegale Arbeitnehmerüberlassung oder verdeckte Leiharbeit genannt) und beim Einsatz von Scheinselbständigen entstehen.

Die Haftung für Sozialabgaben beim Scheinwerkvertrag oder verdeckter Leiharbeit resultiert aus deren Rechtsfolge. Rechtsfolge einer verdeckten Leiharbeit ist der Übergang des Arbeitsverhältnisses vom Auftragnehmer auf den Auftraggeber, § 9, § 10 AÜG. Damit wird der Auftraggeber Arbeitgeber der eingesetzten Arbeitnehmer. Als Arbeitgeber ist er für die Abführung der Sozialabgaben verantwortlich. Wurden diese nicht in der richtigen Höhe abgeführt, haftet der Auftraggeber als Arbeitgeber. Gerade hier besteht auch die Möglichkeit, dass Nachforderungen entstehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es eine Vergütungsdifferenz zwischen den Stammarbeitern und den eingesetzten Fremdarbeitern gibt. Bei verdeckter Leiharbeit regelt § 10 Abs. 1 AÜG nämlich, dass beim Übergang des Arbeitsverhältnisses die für den Betrieb des Entleihers geltenden Vorschriften und sonstigen Regelungen greifen. Gibt es solche nicht, gelten die Regelungen für vergleichbare Betriebe. Wenn es hier zu einer Differenz kommt, sind auf den Phantomlohn Sozialabgaben abzuführen.

Auch bei verdeckter Leiharbeit haftet der Auftraggeber für Sozialabgaben
Auch bei verdeckter Leiharbeit haftet der Auftraggeber für Sozialabgaben

Ähnlich ist es beim Einsatz von Scheinselbständigen. Scheinselbständige sind in Wahrheit Arbeitnehmer. Der Auftraggeber ist deren Arbeitgeber. Als Arbeitgeber ist er zur Abführung der Sozialabgaben verantwortlich. Da er diese nicht abgeführt hat, müssen sie nachentrichtet werden. Hier droht neben hohen Nachforderungen durch die Deutsche Rentenversicherung auch oft ein Strafverfahren wegen Hinterziehung von Sozialabgaben, § 266a StGB.

Im Ergebnis alleinige Haftung des Auftraggebers

Zwar haften für die Sozialabgaben die Auftragnehmer ebenso wie die Auftraggeber als Gesamtschuldner. Sofern der Auftragnehmer jedoch nicht ausreichend liquide ist, fällt er aus. Auch eine Rückforderung des Arbeitnehmeranteils vom Leiharbeiter scheidet regelmäßig aus. Hier gibt es einerseits Pfändungsgrenzen, die gerade im Helferbereich meist nur marginal überschritten werden. Andererseits ist ein Einbehalt des Lohns vom Arbeitnehmer grundsätzlich nur für die letzten drei Monate zulässig, § 28d SGB IV. Lediglich, wenn den Arbeitgeber am fehlenden Einbehalt kein Verschulden trifft, kann der Arbeitnehmeranteil auch für längere Zeiträume einbehalten werden. Dies liegt allerdings regelmäßig nicht in Zweifelsfällen vor. Die Regelung greift vielmehr eher bei falscher Auskunft vom Versicherungsträger oder wenn Arbeitnehmer ihre Mitwirkungspflichten durch völlig falsche Angaben verletzt haben. Daneben drohen auch Säumniszinsen in Höhe von 1% pro Monat, § 24 SGB IV. Da in der Praxis oft Nachforderungen für die Vergangenheit erhoben werden, machen die Säumniszinsen einen erheblichen Teil der Nachforderungen aus.

Auch die Verjährung erfolgt nur eingeschränkt. Grundsätzlich gilt eine Verjährungsfrist von vier Jahren, § 25 SGB IV. Wurden die Beiträge jedoch vorsätzlich vorenthalten, verjähren sie erst nach 30 Jahren. Von der Rechtsprechung wird dies auch angenommen, wenn ein Arbeitgeber innerhalb des Vier-Jahres-Zeitraums bösgläubig wird.

Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne an Herrn Rechtsanwalt Christian Andorfer wenden. Zögern Sie nicht und nehmen Sie Kontakt auf. 

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