Equal-Pay / Equal-Treatment / Gleichstellungsgrundsatz
Was versteht man unter dem Equal-Pay-Anspruch?
Unter Equal-Pay versteht man landläufig den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt. Dies ist jedoch eine verkürzte Sichtweise. Denn in § 8 AÜG wird der Gleichstellungsgrundsatz definiert (Equal-Pay/Equal-Treatment). Danach ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeiter die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt (im folgenden „equal-pay“). Maßstab sind in diesem Fall die Arbeitsbedingungen die dem Leiharbeiter zustehen würden, wenn der Entleiher ihn für die gleiche Tätigkeit eingestellt hätte.
Abweichung vom Equal-Pay-Anspruch
Von diesem Equal-Pay-Gebot erlaubt das AÜG ein Abweichen durch einen Tarifvertrag. Dies erfolgt entweder kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit oder für nicht tarifgebundene Verleiher und Leiharbeiter durch vertragliche Bezugnahme auf den Tarifvertrag. Die tarifvertragliche Abweichung ist jedoch zeitlich begrenzt und darf grundsätzlich 9 Monate nicht überschreiten.
Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur dann zulässig, wenn
- nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
- nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
In der Praxis stellt sich in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage, welche arbeitsvertraglichen Spielräume es gibt. Bei deren Überschreitung ist der Equal-Pay-Anspruch des Leiharbeiters verletzt. Leiharbeiter können dann die Differenzvergütung einklagen.
Die Bezugnahme muss außerdem auf wirksame Tarifverträge erfolgen. Wenn ein Tarifvertrag, dessen Anwendung für die Abweichung vom Equal-Pay vereinbart wurde, für nichtig erklärt wird, greift das Equal-Pay-Gebot ein. Das heißt, die Leiharbeiter haben Anspruch auf das gleiche Arbeitsentgelt wie ein vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleihers.
Ermittlung der Höhe des Equal-Pay-Anspruchs
Der Anspruch des Leiharbeiters auf Equal-Pay entsteht mit jeder Überlassung und besteht jeweils für die Dauer der Überlassung. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Dabei sind das im Betrieb des Entleihers einem Stammarbeitnehmer gewährte Vergleichsentgelt und das dem Leiharbeiter vom Verleiher gezahlte Entgelt miteinander zu saldieren.
Schätzung der Entgeltansprüche von Leiharbeitern aufgrund Equal-Pay
Die Frage, ob der Verleiher dem Leiharbeiter Equal-Pay schuldet, wirkt sich damit unmittelbar auf die Höhe des Arbeitslohnes aus. Leiharbeiter haben dann einen Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung. Für Verleiher ergibt sich damit noch das weitere Problem des Phantomlohns. Verleiher als Arbeitgeber haben nämlich zusätzlich zum Arbeitslohn auch die Sozialabgaben zu bezahlen. Der Anspruch auf Zahlung dieser Sozialabgaben entsteht zeitgleich zum Lohnanspruch des Leiharbeiters. Ergibt sich nun im Nachhinein, dass Leiharbeiter einen Anspruch auf Equal-Pay haben, ihnen also eine Differenzvergütung zusteht, so hätte der Arbeitgeber in der Vergangenheit hieraus auch Sozialabgaben abführen müssen. Dies kann bei einer Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung unangenehme Folgen nach sich ziehen.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung kann nämlich die Deutsche Rentenversicherung nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV die Höhe der Entgeltansprüche aus Equal-Pay schätzen. Dies ist erlaubt, wenn die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden kann.
Wann ist die Schätzung von Equal-Pay-Ansprüchen zulässig?
Eine Schätzung des Equal-Pay-Anspruchs einzelner Leiharbeiter ist zulässig, wenn infolge der Verletzung von Aufzeichnungspflichten zwar eine personenbezogene Zuordnung möglich ist, nicht aber die genaue Bestimmung der Entgelthöhe. Hierbei ist eine Schätzung jedoch nicht in jedem Fall wegen unzureichender Arbeitgeberaufzeichnungen „automatisch“ zulässig. Eine Befugnis zur Schätzung von Equal-Pay-Ansprüchen besteht nur dann, wenn die Beitragshöhe aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Aufzeichnungen des Arbeitgebers nicht konkret festgestellt werden kann.
Außerdem hat die Deutsche Rentenversicherung bei ausreichenden Informationen zu Leiharbeitern, Zeiträumen und Entleihern primär bei den Entleihern Auskünfte zum Equal-Pay einzuholen. Erst dann darf eine Schätzung erfolgen. Wenn die Deutsche Rentenversicherung vor der Schätzung keine Auskünfte bei den Entleihern einholt, ist eine solche Schätzung unzulässig.
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, den Equal-Pay-Anspruch korrekt zu berechnen. Verstößt er hiergegen, besteht für die Sozialversicherung die Möglichkeit der Schätzung, wenn ihr die anderweitige Ermittlung nicht zumutbar ist. Der Arbeitgeber ist daher in solchen Fällen aufgefordert, der Sozialversicherung ausreichend verlässliches Material an die Hand zu geben. Kommt er dem nach, scheidet eine Schätzung aus.
Die Schätzung von Entgeltansprüchen seitens der Deutschen Rentenversicherung kann für die betroffenen Unternehmen unangenehme finanzielle Einbußen verursachen. Die Deutsche Rentenversicherung berechnet nämlich aus den geschätzten Arbeitsentgelten die zu zahlenden Sozialabgaben. Daher ist es im Interesse der Unternehmen bei den Betriebsprüfungen bereits in einem frühen Stadium mitzuwirken und somit eine Schätzung zu vermeiden.
Folgen für Verleiher bei Verletzung des Equal-Pay-Gebotes
Neben der Nachforderung von Sozialabgaben durch die Deutsche Rentenversicherung hat die Verletzung des Equal-Pay-Gebotes noch weitere Folgen für Verleiher. Zum einen gehört dessen zu den Kernpflichten des Verleihers. Verstöße hiergegen können sich negativ auf die Erlaubnis auswirken. So kann die Verlängerung einer befristeten Erlaubnis mit Auflagen versehen werden oder gar versagt werden. Eine unbefristete Erlaubnis kann sogar entzogen werden. Zum anderen drohen bei Verstößen gegen das Equal-Pay-Gebot empfindliche Geldbußen.
Durch eine rechtzeitige Durchführung eines Audits können Sie sich vor unangenehmen Problemen bei der Arbeitnehmerüberlassung schützen. Aber auch wenn Sie mit Bußgeldern konfrontiert werden, ist es ratsam, sich an Spezialisten zu wenden. Zögern Sie nicht und nehmen Sie Kontakt mit uns auf.
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