Europarecht

Beeinflussung deutscher Gesetze durch Europarecht

Das Europarecht, also das Recht der Europäischen Union bzw. die Umsetzung und Anwendung von Rechtsakten der EU im nationalen Recht ist heute wichtiger denn je. Durch die sich immer stärker intensivierende Bedeutung des EU-Rechts werden immer mehr Bereiche des Wirtschaftslebens vom EU-Recht beeinflusst. Auch die Betroffenen erkennen dies immer mehr, so dass sie gut beraten sind, hier auf Fachleute zurückzugreifen.

Der Binnenmarkt der Europäischen Union basiert, soweit es den Bürger betrifft, auf den vier Grundfreiheiten des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV). Diese sind die Dienstleistungsfreiheit, die Personenfreizügigkeit, d.h. die Niederlasssungsfreiheit und die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Warenverkehrsfreiheit und der freie Kapital- und Zahlungsverkehr. Zugleich gilt die EU-Grundrechtecharta, in der die Grundrechte, die in der EU neben unserem Grundgesetz gelten, festgelegt sind.

Eingang ins nationale Recht erlangt EU-Recht in den meisten Fällen durch Verordnungen und Richtlinien. Verordnungen der EU gelten unmittelbar, Richtlinien müssen durch den deutschen Gesetzgeber umgesetzt werden. Die deutschen Vorschriften müssen den Richtlinien entsprechen, was jedoch teilweise zweifelhaft ist.

Die Auslegung nationaler Vorschriften am Maßstab des Gemeinschaftsrechts

Maßstab für die Auslegung deutschen Rechts ist neben dem Verfassungsrecht auch das Europäische Recht. Soweit die deutschen Vorschriften Richtlinien der EU umsetzen sollen, liegt dies auf der Hand. Ein Gesetz, das eine Richtlinie umsetzen soll, muss die Vorgaben der Richtlinie einhalten.

Doch auch das sonstige EU-Recht verlangt größtmögliche Wirkungskraft (effet utile). Daher müssen alle Akte deutscher Staatsorgane dem entsprechen, seien es Behörden, Gerichte oder der Gesetzgeber. So ist grundsätzlich die Auslegung vorzuziehen, bei der sich das Europarecht am besten und effektivsten durchsetzt. Relevant wird dies für Unternehmen vor allem in folgenden Bereichen.

Der EuGH als Wächter des EU-Rechts

Werden nationale Vorschriften entgegen dem EU-Recht erlassen oder ausgelegt, benötigt es eine Instanz, die darüber verbindlich entscheidet. Dies ist der Europäische Gerichtshof (EuGH). Die nationalen Gerichte sind dazu aufgerufen, aufkommende Auslegungsfragen zur Vereinbarkeit deutschen Rechts mit dem EU-Recht, dem EuGH vorzulegen.

Herausarbeiten der Widersprüche zum EU-Recht als anwaltliche Aufgabe

Unsere Aufgabe besteht darin, die Widersprüche des nationalen Rechts zum Europarecht aufzuzeigen, sachgerechte Vorlagefragen zu formulieren und auf eine Vorlage hinzuwirken. Im Folgeverfahren vertreten wir Ihr Unternehmen vor dem EuGH. Wir arbeiten schwerpunktmäßig mit europarechtlichen Fragestellungen, insbesondere zur EU-Dienstleistungsfreiheit, der Leiharbeitsrichtlinie, dem Entsenderecht sowie dem EU-Lebensmittelrecht. Wir verfügen über intensive Erfahrungen zur Umsetzung von EU-Recht in deutsches Recht. Zudem verfolgen wir die aktuelle Rechtsprechung des EuGH und bringen diese im Interesse unserer Mandanten in die verschiedenen Verfahren ein.

Zum Europarecht hat die Kanzlei Prof. Dr. Tuengerthal, Andorfer, Greulich & Prochaska auch eine Vielzahl von Veröffentlichungen vorzuweisen. Hierzu einige Beispiele:

  • Der Artikel:“Missbrauch von Werkverträgen” – Rechnung ohne den Wirt; EWS1/2014 setzt sich mit der Unvereinbarkeit gesetzlicher Vermutungen zugunsten einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung mit der EU-Dienstleistungsfreiheit auseinander.
  • Die Veröffentlichung: Strafbarkeit von Altfällen illegaler Beschäftigung von Rumänen und Bulgaren im Lichte des Europarechts (wistra 11/2014), verneint eine Strafbarkeit wegen illegaler Beschäftigung von Rumänen und Bulgaren, wenn diese vor Eintritt der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit ohne Arbeitsgenehmigung tätig wurden. Grund dafür ist der europarechtliche Milderungsgrundsatzes aus Art. 49 Abs. 1 S. 3 EU-GR-Charta, der hier zu berücksichtigen ist.
  • Prof. Dr. Hansjürgen Tuengerthal hat sich in seiner 730 Seiten starken Dissertation eingehend mit der Umsetzung von EG-Richtlinien und staatengerichteten EG-Entscheidungen in deutsches Recht und insbesondere mit der Problematik der Umsetzung der Fleischhygienegebührenrechtsakte befasst.
  • Im Betriebs-Berater vom 02.02.2015 wurde der Online Standpunkt Rechtlich bedenkliche Mindestlohnjagd auf den Transitverkehr durch Deutschland veröffentlicht, in dem ausgeführt wird, dass die Entsenderichtlinie einen Mindestlohn für bloße Transitfahrten nicht rechtfertigen kann. Prüfungsmaßstab des Mindestlohns für den Transitverkehr ist deshalb die Dienstleistungsfreiheit selbst, in die unverhältnismäßig eingegriffen wird, wenn im Herkunftsstaat schon ein gewisses soziales Schutzniveau besteht und für kurze Transitfahrten sämtliche Melde- und Dokumentationspflichten erfüllt werden müssen.