Scheinwerkvertrag
Was bedeutet Scheinwerkvertrag?
Wenn ein Unternehmer Fremdpersonal im Rahmen eines Werkvertrages einsetzt, aber in seiner praktischen Durchführung alle Indizien für eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen, wird diesem Unternehmen ein Scheinwerkvertrag bzw. illegale Arbeitnehmerüberlassung vorgeworfen. Wenn man in der Praxis die werkvertragliche Abwicklung nicht korrekt ausübt, ist die Grenze zwischen einem Werkvertrag und einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung (Scheinwerkvertrag) sehr schmal. Daher ist es außerordentlich wichtig, die Abgrenzungskriterien zu kennen. Bei Verstößen drohen empfindliche Bußgelder.
Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages oder Dienstvertrages
Im Gegensatz zum Scheinwerkvertrag wird bei einem Werkvertrag ein Unternehmer (Auftragnehmer) für einen anderen (Auftraggeber) tätig, § 631 BGB. Es handelt sich um die folgende Konstellation: ein Kunde (Auftraggeber) gibt einen Auftrag einem Werkunternehmer (Auftragnehmer). Für die Erfüllung dieses Auftrags setzt der Auftragnehmer seine eigenen Arbeitnehmer beim Kunden ein. Hierbei soll ein bestimmtes Ergebnis erreicht werden. Es kommt also auf das Resultat der Arbeit an und nicht auf die Tätigkeit als solche.
Hierzu wird ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag abgeschlossen. Der Auftragnehmer organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen. Er bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Kunden (dem Auftraggeber) verantwortlich. Die beim Drittunternehmen eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen ihres Arbeitgebers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Ganz wichtig: die Arbeitnehmer des Werkunternehmers dürfen nicht in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert werden. Generell dürfen sie nicht den Weisungen des Auftraggebers unterliegen! Erlaubt sind aber beispielsweise projektbezogene werkvertragliche Anweisungen iSd. § 645 Abs.1 S.1 BGB. Diese sind sachbezogen und ergebnisorientiert.
Scheinwerkvertrag ist verdeckte Arbeitnehmerüberlassung
Demgegenüber liegt ein Scheinwerkvertrag vor, wenn die Parteien tatsächlich eine Arbeitnehmerüberlassung durchführen wollen. Eine solche liegt vor, wenn einem Drittunternehmen (Entleiher) Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden, § 1 AÜG. Sie sind in dessen Betrieb eingegliedert und führen ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse aus. Der Arbeitgeber dieser Arbeitskräfte (Verleiher) muss aber über eine gültige Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügen.
Die Arbeitnehmerüberlassung ist durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet.
Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Der Entleiher setzt sie nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer ein. Die Arbeitskräfte sind voll in den Betrieb des Entleihers eingegliedert und führen ihre Arbeiten allein nach dessen Weisungen aus.
Bei der Wahl eines Vertrages sollte man genau überlegen, wie der Einsatz vom Fremdpersonal in der Praxis gelebt wird. Wenn man nämlich einen Scheinwerkvertrag abschließt, muss man mit sehr unangenehmen Folgen rechnen. Nicht die gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung des Vertrages sind entscheidend, sondern der Geschäftsinhalt. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrags ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend.
Scheinwerkvertrag – Was ist zu tun?
Unternehmer, die Bedenken hinsichtlich ihres Vertrages haben, sollten handeln. Dabei ist danach zu unterscheiden, in welcher Situation man sich befindet. Kommen die Bedenken während der Planung lassen sich die meisten Probleme vermeiden. Sie sollten Sie sich im Voraus anwaltlichen Rat holen. Hierdurch können Sie sich vor möglichen Risiken schützen.
Aber auch wenn später, etwa von dritter Seite, Bedenken geäußert werden, lohnt es sich, aktiv zu werden. Oft lässt sich ein Scheinwerkvertrag für die Zukunft in einen ordentlichen Werkvertrag umgestalten. Dem ist regelmäßig ein Audit von unseren Anwälten vorgeschaltet, die jahrelange Erfahrung auf diesem Gebiet haben. Wir prüfen den Werkvertrag auf seine rechtliche Vereinbarkeit hin und decken Schwachstellen auf. Auf Basis dieser Analyse können die betroffenen Unternehmer für Abhilfe sorgen. Entweder optimiert man die vertragliche Abwicklung oder man stellt den Einsatz des Fremdpersonals auf eine neue zulässige Grundlage.
Aber selbst, wenn ein Scheinwerkvertrag etwa von Behörden wie dem Zoll behauptet wird, gibt es noch Möglichkeiten für betroffene Unternehmen. So sieht die Rechtsprechung den Werkvertrag im Großen und Ganzen positiv. Dies hat zur Folge, dass sich einzelne erhobene Vorwürfe, entkräften lassen.
Zu diesen und anderen Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Zögern Sie nicht und nehmen Sie Kontakt auf. Herr Rechtsanwalt Andorfer hilft Ihnen auch bei allen anderen Fragen rund um die Themen Fremdpersonaleinsatz, insbesondere Recht der Werkverträge und Zeitarbeit, Arbeits- und Wirtschaftsstrafrecht, Deutsches und Europäisches Sozialversicherungsrecht sowie Europarecht. Ebenso berät Sie Herr Andorfer bei Fragen des Einsatzes von Selbständigen. Er berät Sie über die Durchführung Ihrer Tätigkeit, auditiert die Abläufe in Ihrem Betrieb wie bei einer Zollprüfung und hilft Ihnen die Risiken zu reduzieren. Sie erreichen ihn per E-Mail (andorfer@protag-law.com) und telefonisch unter 06221 338 63 – 0.