Zeitarbeit Ausland – Entsendung von kroatischen Staatsangehörigen und Drittstaatsangehörigen nach Österreich über ein Unternehmen mit Sitz in Italien, EuGH Urteil vom 18.11.2018 – C-18/17

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Rechtstreit zwischen einer italienischen Gesellschaft (Danieli), und sechs Zeitarbeitern aus dem Ausland mit kroatischer, russischer und weißrussischer Staatsangehörigkeit auf der einen Seite und der österreichischen Regionale Geschäftsstelle Leoben des Arbeitsmarktservice auf der anderen Seite.

Zeitarbeiter aus dem Ausland

Danieli übernahm den Auftrag eines österreichischen Unternehmens zur Errichtung eines Drahtwalzwerks in Österreich. Für die Auftragsausführung wollte diese italienische Gesellschaft unter anderem vier kroatischen Zeitarbeiter sowie einen russischen und einen weißrussischen Zeitarbeiter aus dem Nicht-EU-Ausland einsetzen.

Danieli gehörte zu einem Konzern, dem auch eine kroatische Gesellschaft, die Danieli Systec d.o.o., bei der die genannten kroatischen Arbeitnehmer beschäftigt waren, sowie eine weitere italienische Gesellschaft, die Danieli Automation SpA, bei der der russische und der weißrussische Arbeitnehmer beschäftigt waren, angehörten.

Einsatz der ausländischen Mitarbeiter im Wege der Zeitarbeit

Die kroatischen Arbeitnehmer wurden Danieli als Zeitarbeiter überlassen, blieben aber bei der besagten kroatischen Gesellschaft beschäftigt und in Kroatien sozialversichert. Der russische und der weißrussische Arbeitnehmer wurden Danieli ebenfalls als Zeitarbeiter überlassen, blieben aber bei Danieli Automation beschäftigt; während der Dauer ihrer Entsendung in Österreich blieben beide in Italien sozialversichert.

Am 18. Januar 2016 meldete Danieli der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung in Österreich u.a. gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG die Daten bezüglich der genannten Zeitarbeiter und beantragte für sie die Bestätigung der EU-Entsendung. Die Regionale Geschäftsstelle Leoben des Arbeitsmarktservice lehnte die Anträge auf Bestätigung dieser Entsendung gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG ab und untersagte die Entsendung der betreffenden Arbeitnehmer.

Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden von dem österreichischen Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Dagegen legten Danieli und die betroffenen Zeitarbeiter Revision an den österreichischen Verwaltungsgerichtshof ein. Dieser setzte das Verfahren aus und wendete sich an den EuGH.

Vorlage beim EuGH: Ist ein Einsatz von Zeitarbeiter aus dem Nicht-EU-Ausland zulässig?

Mit seinen Fragen wollte der Verwaltungsgerichtshof wissen, ob die Republik Österreich berechtigt ist, die Entsendung von den genannten Arbeitnehmern durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege der Zeitarbeit an eine in Italien ansässige Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung in Österreich erfolgt.

Voraussetzungen der Zeitarbeit

In seinem Urteil wies der EuGH darauf hin, dass eine Entsendung von Arbeitnehmern mittels Zeitarbeit im Sinne der Richtlinie 96/71 vorliegt, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Bei der Zeitarbeit muss es sich um eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung handeln, bei der der Arbeitnehmer im Dienst des die Dienstleistung erbringenden Unternehmens bleibt. Hierbei wir kein Arbeitsvertrag mit dem verwendenden Unternehmen geschlossen wird.
  1. Das wesentliche Merkmal dieser Zeitarbeit muss darin bestehen, dass der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens ist.
  1. Der Arbeitnehmer muss im Rahmen einer solchen Überlassung seine Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens wahrnehmen.

Kroatische Zeitarbeiter

In Bezug auf die Überlassung der kroatischen Arbeitnehmer, die in dem Unternehmen mit Sitz in Kroatien beschäftigt waren, entschied der EuGH, dass die drei Voraussetzungen einer Entsendung erfüllt sind. Allerdings galten zum Zeitpunkt des Rechtstreits noch die Übergangsbestimmungen des Beitritts Kroatiens in die EU. Aus diesem Grund stellte der EuGH fest, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, die in der vorgesehenen Übergangszeit die Entsendung kroatischer Staatsangehöriger im Sinne der Richtlinie 96/71 in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats weiterhin von der Einholung einer Beschäftigungsbewilligung abhängig macht, als Maßnahme mit Art. 56 und Art. 57 AEUV vereinbar ist. Daher ist Österreich berechtigt, die Entsendung von kroatischen Arbeitnehmern durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken.

Zeitarbeiter aus dem Ausland

Dagegen stellte der EuGH fest, dass das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung für Arbeitnehmer aus dem Nicht-EU-Ausland im vorliegenden Fall eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Art. 56 AEUV darstellt. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Zeitarbeiter handelt.

Im Ausgangsfall wird die Zeitarbeit als Dienstleistung von einem in Italien ansässigen Unternehmen gegenüber einem anderen in Italien ansässigen Unternehmen erbracht, welches diese Arbeitskräfte jedoch nur in Österreich zur Erbringung seiner Dienstleistung verwendet.

Einsatz von Zeitarbeitern aus dem Ausland fällt in Anwendungsbereich des EU-Vertrages

Der EuGH entschied, dass eine solche Konstellation der Zeitarbeit in den Anwendungsbereich von Art. 56 und 57 AEUV fällt. Art. 56 AEUV findet immer Anwendung, wenn ein Leistungserbringer Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat anbietet und zwar unabhängig vom Niederlassungsort der Empfänger dieser Dienstleistungen. Dabei bleibt der Umstand, dass Zeitarbeiter drittstaatsangehörige Arbeitnehmer sind, ohne Bedeutung.

Keine europäische Harmonisierung für Zeitarbeiter aus dem Ausland

Ferner stellte der EuGH auch fest, dass der Bereich der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitnehmer im Rahmen der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen (Zeitarbeit Ausland) auf Unionsebene bisher nicht harmonisiert ist. Unter diesen Umständen ist daher zu prüfen, ob die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs, die sich aus der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung ergeben, durch ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel gerechtfertigt erscheinen und ob sie gegebenenfalls erforderlich sind, um dieses Ziel effektiv und mit den geeigneten Mitteln zu verfolgen.

Kein Zugang zum Arbeitsmarkt durch Zeitarbeiter aus dem Ausland

Hierzu wies der EuGH darauf hin, dass das Anliegen, Störungen auf dem Arbeitsmarkt zu verhindern, zwar gewiss einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt. Die Zeitarbeiter, die von einem in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen beschäftigt und zur Erbringung einer Dienstleistung in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden, beanspruchen jedoch keinen Zugang zum Arbeitsmarkt dieses zweiten Mitgliedstaats, da sie nach Erfüllung ihrer Aufgabe in ihr Herkunfts- oder Wohnsitzland zurückkehren.

Keine Beschäftigungsbewilligung für Zeitarbeiter aus dem Ausland

Daher kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass ein Mitgliedstaat (im Ausgangsfall: Österreich) nicht berechtigt ist, zu verlangen, dass Drittstaatangehörige, die einem in einem anderen Mitgliedstaat (Italien) ansässigen Unternehmen von einem anderen ebenfalls in diesem anderen Mitgliedstaat (Italien) ansässigen Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung im erstgenannten Mitgliedstaat (Österreich) überlassen werden, über eine Beschäftigungsbewilligung verfügen.

Soweit auch Sie Fragen zum Einsatz von Zeitarbeitern haben, nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf.