Status eines GmbH Gesellschafter-Geschäftsführers, Urteil des LSG München vom 06.12.2023 – L 6 BA 97/21

Sachverhalt: Wann ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig?

Deutsche Rentenversicherung forderte die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Im vorliegenden Fall stritt eine GmbH über die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für ihren Geschäftsführer. Der Geschäftsführer war gleichzeitig Gesellschafter mit 50% Anteil, jedoch nicht im Handelsregister eingetragen. Die Hauptfrage war, ob der Geschäftsführer aufgrund seiner Stellung sozialversicherungspflichtig ist. 

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) forderte die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, da sie den Geschäftsführer als sozialversicherungspflichtig einstufte. Die GmbH legte gegen diese Entscheidung Widerspruch ein, der abgewiesen wurde. Daraufhin erhob die GmbH Klage beim Sozialgericht, das die Klage ebenfalls abwies. Dagegen legte die GmbH eine Berufung beim LSG München ein.

Abgrenzung der abhängigen Tätigkeit von der Selbstständigkeit eines Geschäftsführers

Das Gericht unterschied zwischen abhängiger Tätigkeit und Selbstständigkeit anhand der Eintragung im Handelsregister und der tatsächlichen Machtstellung. Eine abhängige Tätigkeit liegt vor, wenn der Geschäftsführer den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt und keine unternehmerischen Freiheiten genießt. Selbstständigkeit setzt voraus, dass der Geschäftsführer maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung hat, was durch die Eintragung im Handelsregister formell nachgewiesen werden kann. 

Außerdem muss ein Gesellschafter-Geschäftsführer durch seine Kapitalbeteiligung mehr als 50% der Anteile am Stammkapital halten, um über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht zu besitzen, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Bei genau 50% oder weniger ist eine umfassende Sperrminorität notwendig, um als selbständig zu gelten. Diese ermöglicht, unliebsame Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Ohne diese Rechtsmacht wird der Geschäftsführer als abhängig beschäftigt eingestuft. Eine „unechte“ Sperrminorität, die auf bestimmte Gegenstände begrenzt ist, reicht hierfür nicht aus.

Des Weiteren ist vom Geschäftsführer ein mitarbeitender Gesellschafter zu unterscheiden, der nur dann als selbstständig gilt, wenn er Einzelanweisungen der Geschäftsführung verhindern kann. Dies ist der Fall, wenn er mindestens 51% der Anteile hält oder Allein-Gesellschafter ist und keiner Stimmrechtsbindung unterliegt. Ein solcher Gesellschafter kann Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern und den Geschäftsführer zu bestimmten Handlungen zwingen. Dadurch hat er die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und unterliegt nicht dessen Weisungsrecht.

Rechtliche Bewertung

Das Gericht bewertete die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers anhand seiner tatsächlichen Machtstellung und seiner Eintragung im Handelsregister. Das Gericht stellte fest, dass der Geschäftsführer aufgrund der fehlenden Eintragung ins Handelsregister lediglich als mitarbeitender Gesellschafter der Klägerin zu betrachten ist. Denn die vom Bundessozialgericht geforderte Vorhersehbarkeit und Klarheit sozialversicherungs- und beitragsrechtlich relevanter Sachverhalte spricht gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Die Tatsache, dass der Geschäftsführer nicht ins Handelsregister eingetragen war, war für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung entscheidend. 

Das LSG stellte die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers fest

Entscheidungsgründe

Das Gericht entschied, dass die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers gegeben ist, da seine Eintragung im Handelsregister fehlt. Die formelle Eintragung ist neben 50 % der Anteile ein entscheidendes Kriterium für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht im Sozialversicherungsrecht. Die GmbH wurde daher zur Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet.

Ergebnis

Die Berufung der GmbH wurde zurückgewiesen. Die Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 42.523,02 Euro bleibt bestehen. Das Gericht stellte klar, dass die formale Eintragung im Handelsregister eine wesentliche Voraussetzung für die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht ist.

Fazit

Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung der formalen Eintragung im Handelsregister für Geschäftsführer von GmbHs und deren Sozialversicherungspflicht. Unternehmen sollten sicherstellen, dass die rechtlichen Formalitäten korrekt eingehalten werden, um unerwartete Nachzahlungen zu vermeiden. Die Entscheidung unterstreicht auch, dass die formale Eintragung ein entscheidendes Kriterium bei der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit ist, was erhebliche Auswirkungen auf die Sozialversicherungspflicht haben kann. Geschäftsführer und Unternehmen sollten daher die rechtlichen Anforderungen genau prüfen und umsetzen.

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