Verspätete Offenlegung und Konkretisierung und ihre Folgen: BAG Urteil 9 AZR 204/23

Sachverhalt: Kann Offenlegung und Konkretisierung eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages verspätet erfolgen?

Der Kläger war seit 2012 als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten tätig, zunächst auf Basis eines nominellen Werkvertrags, wobei umstritten war, ob es sich um verdeckte Arbeitnehmerüberlassung handelte. Ab dem 16. Februar 2018 wurde der Kläger durch einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag beschäftigt, der jedoch erst nach Beginn der Tätigkeit abgeschlossen wurde. Der Kläger argumentierte, dass aufgrund des Verstoßes gegen die Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten entstanden sei. Die Beklagte wies dies zurück und behauptete, die gesetzlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt zu haben.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Beklagten zurück. Die Beklagte legte Revision beim Bundesarbeitsgericht ein.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass ein formwirksamer Arbeitnehmerüberlassungsvertrag im Zeitpunkt des Überlassungsbeginns erforderlich ist, um die Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten nach § 1 Abs. 1 Satz 5 und 6 AÜG zu erfüllen. 

Das BAG entschied, dass die verspätete Offenlegung und Konkretisierung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher führt

Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten

Die Offenlegungspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG verlangt, dass die Arbeitnehmerüberlassung in einem formwirksamen Vertrag ausdrücklich als solche bezeichnet wird, bevor der Leiharbeitnehmer überlassen wird. Die Konkretisierungspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG erfordert, dass die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag konkretisiert wird. Beide Pflichten setzen einen formwirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zum Zeitpunkt des Überlassungsbeginns voraus, um Transparenz und Rechtsklarheit zu gewährleisten und verdeckte Arbeitnehmerüberlassungen zu verhindern. 

Das BAG entschied, dass die Nichteinhaltung dieser Pflichten zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher führt.

Verspätete Offenlegung und Konkretisierung

Das BAG stellte außerdem fest, dass eine verspätete Offenlegung und Konkretisierung nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und somit unwirksam ist. Wenn die Offenlegung und Konkretisierung erst nach Beginn der Arbeitnehmerüberlassung erfolgen, können sie nicht die erforderliche Transparenz und Rechtssicherheit gewährleisten. Ein formnichtiger Arbeitnehmerüberlassungsvertrag wird durch eine nachträgliche Erfüllung der Schriftform nicht wirksam. Diese Verzögerungen führen zur Unwirksamkeit des Vertrags und zur Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher.

Da im vorliegenden Fall die Offenlegung und Konkretisierung nicht erfüllt waren, wurde ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten festgestellt. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen, und sie wurde zur Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt.

Fazit

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung der formalen Anforderungen des AÜG für die Rechtmäßigkeit von Arbeitnehmerüberlassungen. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass alle gesetzlichen Pflichten erfüllt sind, um ein ordnungsgemäßes Arbeitsverhältnis zu gewährleisten. Insbesondere müssen die Offenlegungs- und Konkretisierungspflichten durch einen formwirksamen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zum Zeitpunkt des Überlassungsbeginns erfüllt werden. Bei Verstößen können erhebliche rechtliche Konsequenzen folgen, einschließlich der Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher.

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