Unkenntnis des Bundesarbeitsministeriums über die Situation in der Fleischwirtschaft
Die Fraktion Die Linke hatte am 21.09.2020 eine Kleine Anfrage zur Entwicklung der Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft, an die Bundesregierung gestellt. Diese wurde federführend vom Bundesarbeitsministerium am 20.10.2020 (BT-Drs. 19/23510) beantwortet. Die Linke versuchte hieraus Honig zu saugen, und der Spiegel stellte daraufhin fest, dass die Mehrheit der Arbeiter weder fest angestellt sei noch gut bezahlt würde und 70 Prozent prekär beschäftigt seien. Dies ergebe sich aus Daten der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN).
Wie jedoch das Magazin Fleischwirtschaft herausstellte, stimmen diese Zahlen nicht. Aus der Anfrage ergibt sich nämlich, dass ca. 48.000 über Werkverträge beschäftigt sind. Ca. 76.000 sind im Vergleich hierzu der industriellen Be- und Verarbeitung von Fleischwaren zuzuordnen. Wer nun wissen möchte, wie hoch der Anteil der in Werkunternehmen beschäftigten Vollarbeiter an der Gesamtzahl der in der industriellen Fleischverarbeitung beschäftigten Vollarbeiter ist, muss beide Zahlen zunächst addieren (48.000 + 76.000 =) 124.000. Von diesen rund 124.000 sind ca. 48.000 etwa 39 Prozent.
Auch wir mussten bislang immer wieder feststellen, dass Informationen leider unreflektiert durch die Presse übernommen wurden und Faktenchecks nicht von Interesse waren. Es bleibt daher zu hoffen, dass zukünftig Informationen seitens der Presse kritisch überprüft werden.
Interessant ist auch, dass der Bundesregierung keine statistischen Daten darüber vor(liegen), wie viele Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in Unternehmen der Fleischindustrie … für die Tätigkeiten des Schlachtens, des Zerlegens von Schlachtkörpern und des Verarbeitens von Fleisch eingesetzt werden. Auch dies zeigt, dass seitens des BMAS bis heute keine relevanten Zahlen vorliegen, aus denen sich irgendetwas für die Leiharbeit ableiten lässt.
Auch bezüglich Werkunternehmen musste das BMAS in der gleichen Anfrage einräumen, dass z.B. bezüglich Haftung für Sozialabgaben seit 2017 erst sechs Haftungsbescheide erlassen wurden. Im gleichen Zeitraum wurde ein Verfahren wegen Verstoß gegen die Dokumentationsvorschriften im Bereich der Arbeitszeit eingeleitet, ein Bußgeld jedoch nicht festgesetzt. Ob hier überhaupt ein Werkunternehmen oder gar ein Auftraggeber betroffen war, ergibt sich aus der Anfrage ebenfalls nicht. Weitere Verstöße gegen das GSA Fleisch werden trotz ausdrücklicher Frage der Linken vom BMAS nicht benannt. Dazu passt, dass noch am 06.03.2020 (BT-Drs. 19/17679) das BMAS zu den Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft ausführte, dass es keine Kenntnis hat und mit dem Landwirtschaftsministerium zusammen eine gemeinsame Studie entwerfen wollte.
Es bleibt damit festzuhalten, dass das Arbeitsschutzkontrollgesetz einer soliden Tatsachenbasis entbehrt. Die Union überlegt sich daher aus gutem Grund, ob das Arbeitsschutzkontrollgesetz in dieser Schärfe nötig ist.