Status eines Geschäftsführers, der Vermieter und Darlehensgeber einer Gesellschaft ist, LSG Urteil L 8 BA 126/23
Sachverhalt: Ist der Geschäftsführer selbständig tätig oder abhängig beschäftigt, wenn er zugleich Vermieter und Darlehensgeber der Gesellschaft ist?
Im vorliegenden Fall ging es um die sozialversicherungsrechtliche Einstufung eines Geschäftsführers einer GmbH. Das Urteil beleuchtet die Frage, ob der Geschäftsführer in seiner Funktion als abhängig Beschäftigter oder als Selbstständiger einzustufen ist, was weitreichende Konsequenzen für seine Sozialversicherungspflicht hat.
Der Beigeladene, der Geschäftsführer der Klägerin, einer GmbH, streitet mit der Deutschen Rentenversicherung über seine Einstufung als abhängig Beschäftigter. Der Beigeladene war aufgrund eines Geschäftsführersvertrags als Geschäftsführer der Klägerin tätig, während seine Ehefrau alleinige Gesellschafterin der Klägerin war. Der Beigeladene vermietete der Klägerin Geschäftsräume und wesentliche Betriebsmittel. Dazu gewährte er der Klägerin ein Darlehen über 110.000 Euro. Nach einer Betriebsprüfung stellte die Deutsche Rentenversicherung jedoch den abhängigen Status des Geschäftsführers fest und verlangte von der Klägerin Beiträge in Höhe von 61.677,54 Euro für seine Tätigkeit.
Entscheidung des LSG: Der Geschäftsführer ist abhängig beschäftigt
Das LSG kam zu dem Ergebnis, dass der Geschäftsführer im strittigen Zeitraum abhängig beschäftigt war. Das Gericht argumentiert ausführlich, dass gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV eine Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit definiert wird, die vor allem durch Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die betriebliche Organisation gekennzeichnet ist. Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer von GmbHs. Entscheidend ist dabei, ob der Geschäftsführer durch seine Stellung die Möglichkeit hat, unerwünschte Weisungen zu verhindern oder Beschlüsse zu beeinflussen. Ohne Kapitalbeteiligung oder beherrschende Stellung wird ein Geschäftsführer als abhängig beschäftigt eingestuft. Wirtschaftliche Verflechtungen außerhalb des Gesellschaftsvertrages, wie z. B. Darlehen oder Mietverträge, ändern nichts am sozialversicherungsrechtlichen Status des Geschäftsführers.
Weisungsgebundenheit
Im Urteil wird betont, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt, wenn der Geschäftsführer in das Unternehmen eingegliedert ist und Weisungen der Gesellschafter unterliegt. Ein Geschäftsführer gilt nur dann als selbstständig, wenn er Gesellschafter mit mindestens 50 % der Anteile am Stammkapital ist oder über eine qualifizierte Sperrminorität verfügt, die ihm effektive Einflussnahme ermöglicht. Selbst ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht automatisch selbstständig tätig, wenn er keine wesentlichen gesellschaftsrechtlichen Befugnisse hat.
Das Gericht weist darauf hin, dass wirtschaftliche Verbindungen wie Vermietungen oder Darlehensvergaben durch den Geschäftsführer, die das Unternehmen betreffen, keine Rolle bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung spielen. Entscheidend ist, dass diese außerhalb des Gesellschaftsvertrages bestehenden Beziehungen die Machtverhältnisse nicht beeinflussen.
Fazit
Das Urteil des LSG verdeutlicht die Wichtigkeit einer klaren Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit, insbesondere für Geschäftsführer von GmbHs. Selbst familiäre Beziehungen oder operative Entscheidungsbefugnisse führen nicht automatisch zu einer selbstständigen Tätigkeit, wenn keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung oder entsprechende Weisungsfreiheit besteht. Für Arbeitgeber und Geschäftsführer ergibt sich daraus die Notwendigkeit, gesellschaftsrechtliche Strukturen und Verträge sorgfältig zu gestalten, um Unklarheiten in der sozialversicherungsrechtlichen Einstufung zu vermeiden und rechtliche Risiken zu minimieren.
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