Sozialversicherungspflicht eines Honorararztes in der Rentenversicherung aufgrund seines Arbeitnehmerstatus, BSG Urteil vom 4.06.2019 – B 12 R 2/18 R
Sachverhalt: Sind Honorarärzte versicherungspflichtig in der Rentenversicherung?

Die Beteiligten stritten über die Versicherungspflicht eines Honorararztes. Diese übte eine freiberufliche Tätigkeit als Bereitschaftsarzt in einer Geriatrischen Rehabilitationsklinik aus. Die Klägerin ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts, die unter anderem diese Rehabilitationsklinik betreibt. Der beigeladene Facharzt für Allgemeinmedizin ist dort seit 1.1.2013 aufgrund eines Honorarvertrages über freie Mitarbeit als Arzt im Bereitschaftsdienst tätig. Daneben ist er abhängig in einer niedergelassenen Praxis vollzeitig beschäftigt.
Die Beklagte ist die Deutsche Rentenversicherung, die auf Antrag des Arztes seinen Arbeitnehmerstatus feststellte. Diese nahm Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung an. Dagegen wendete sich die Klägerin.
Während das SG Trier den angefochtenen Bescheid aufhob und das LSG Rheinland-Pfalz die Berufung der Deutschen Rentenversicherung zurückwies, hatte die Revision beim BSG Erfolg.
Entscheidung des BSG: ist der Honorararzt abhängig beschäftigt und dadurch versicherungspflichtig?
Das BSG führte aus, dass die ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus Besonderheiten aufweist. Deswegen können einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig bzw. selbständig kennzeichnen, von vornherein nicht als ausschlaggebende Abgrenzungsmerkmale herangezogen werden. Ärzte handeln bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann man jedoch nicht ohne Weiteres auf eine selbständige Tätigkeit schließen. Selbst Chefärzte sind als Arbeitnehmer zu qualifizieren.
Auf der anderen Seite kann nicht allein wegen Benutzung von Einrichtungen und Betriebsmitteln des Krankenhauses zwingend eine abhängige Beschäftigung angenommen werden.
Organisatorisch, personell und sachlich vollständige Einbindung von Ärzten in die Infrastruktur des Krankenhauses
Im vorliegenden Fall kam das BSG zu dem Ergebnis, dass der Arzt in die vom Krankenhaus bereitgestellte Infrastruktur organisatorisch, personell und sachlich vollständig eingebunden war. Hierbei ist es irrelevant, dass er nicht weisungsgebunden war und das Letztentscheidungsrecht in medizinischen Fragen stets beim ihm lag.
Der Arzt erbrachte seine Notfallversorgung nicht anders als sonstige Krankenhausärzte. Er hatte eine Anwesenheitspflicht, hielt sich in einem durch die Klinik zu Verfügung gestellte Zimmer auf und musste immer erreichbar bleiben. Im Bedarfsfalle hatte er die durch die Klinik geschuldete Versorgung zu erbringen und zu steuern. Dabei nutzte er die Infrastruktur der Klinik und arbeitete mit dem übrigen Personal arbeitsteilig zusammen. Hierzu kam, dass Krankenhäuser verpflichtet sind, diagnostische und therapeutische Möglichkeiten sowie geschultes Personal einzusetzen. Außerdem müssen alle Ärzte die gleichen Anforderungen erfüllen. Somit muss ein krankenhausmaßgeblicher Einfluss auf deren Tätigkeit haben. Schließlich bestehen in Krankenhäusern Sicherstellungspflichten. Diese äußern sich in Qualitätssicherungs- und Kontrollmechanismen. Diese Rahmenbedingungen führen zu einer Eingliederung von Honorarärzten.
Irrelevante Merkmale für die Abgrenzung einer selbständigen von einer unabhängigen Tätigkeit
Ebenso wie im ähnlichen Urteil des BSG vom 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R stellte das BSG fest, dass es für die Abgrenzung einer selbständigen von einer anhängigen Tätigkeit irrelevant ist, ob die honorarärztliche Tätigkeit als Haupterwerbsquelle oder wie im vorliegenden Fall im Nebenerwerb ausgeübt wird. Ebenso ist es nicht von Bedeutung, ob es sich um kurzfristige und seltene Arbeitseinsätze oder um eine verstetigte Geschäftsbeziehung handelt. Daher sind auch zeitlich befristete Arbeitseinsätze der Sozialversicherungs- und Beitragspflicht unterworfen, sofern die Geringfügigkeitsgrenzen überschritten sind. Ferner lag die Honorarhöhe auch nicht deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten Beschäftigten.
Fazit: Korrekter Einsatz von Selbständigen

Das Urteil vom BSG zeigt erneut wie wichtig die saubere Durchführung der Tätigkeit ist. Wer Selbständige in seinem Betrieb einsetzt, muss diese auch wie solche behandeln. Anderenfalls drohen hohe soziale Abgaben. Zu diesen und anderen Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Zögern Sie nicht und nehmen Sie Kontakt auf.
Herr Rechtsanwalt Andorfer hilft Ihnen bei allen Fragen des Einsatzes von Selbständigen und deren Abgrenzung von abhängig Beschäftigten. Er berät Sie über die Durchführung Ihrer Tätigkeit und begutachtet die Abläufe in Ihrem Betrieb. Herr Andorfer ist ein Experte in Fragen des Wirtschaftsrechts und Wirtschaftsstrafrechts. Sein Hauptfokus liegt unter anderem beim Fremdpersonaleinsatz in Form von Werkverträgen oder Arbeitnehmerüberlassung. Sie erreichen ihn per E-Mail (andorfer@protag-law.com) und telefonisch unter 0621 391 80 10 – 0 .