Seminarbericht „Werkverträge Ost“
Das Seminar zum Thema „Werkverträge Ost“ wurde am 26.10.2006 vom Institut für Nationale und Internationale Fleisch- und Ernährungswirtschaft (IFW) in Frankfurt veranstaltet. Die Teilnehmerzahl mit über 80 Vertretern der fleischbe- und verarbeitenden Industrie aus dem In- und Ausland, so beispielsweise von Vion, Tönnies, Westfleisch und von Werkleistern, wie der Fa. Willmann sowie ungarischen Firmen, wie z. B. die Solidus Kft und Intersolid Kft., Vertreten von ungarischen und polnischen Verbänden sowie der Bau- und Dienstleistungsbranche, übertraf alle Erwartungen.
Für die Betrachtung des Themas aus unterschiedlichen Blickwinkeln sorgten als Referenten Vertreter der Kanzlei Dr. Tuengerthal & Liebenau, Rechtsanwalt Dr. Dávid aus Ungarn, der Präsident des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalens Herr Dr. Brand, Herr Jörg, Leiter des Fachbereichs „Werkvertragsverfahren“ der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Baden-Württemberg, Herr Leister, Vorsitzender des Kuratoriums der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V. sowie Herr Mock von der Roland Rechtsschutzversicherung.
Das Seminar wurde aufgrund der weiterhin bestehenden Problematik im Zusammenhang mit den „Werkverträgen Ost“ ausgerichtet und um Unternehmen und Betroffenen die Gelegenheit zu geben, sich über die aktuelle Sach- und Rechtslage zu informieren. Die aktuelle Entwicklung in diesem Bereich wurde dargelegt sowie die möglicherweise damit einhergehenden rechtlichen und finanziellen Risken für Unternehmen vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Vorgehensweisen und rechtlichen Bewertungen des Sachverhaltes durch Ermittlungsbehörden. Zudem wurde erörtert, wie sich Firmen absichern können, um Probleme in diesem Bereich der Vertragspraxis zu vermeiden und welche Möglichkeiten bestehen, sich gegebenenfalls gerichtlich zur Wehr zu setzen. Die große Teilnehmerzahl sowie immer wieder aufkommende Diskussionen im Verlauf des Seminars zeigten den bestehenden Klärungs- und Informationsbedarf zu diesem Themenkomplex.
Die Problematik so wurde festgestellt, besteht in den zunehmenden rechtlichen Schwierigkeiten, die Unternehmen mit deutschen Behörden haben, wenn sie Arbeitnehmer aus den osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten mittels Werkverträgen in Deutschland beschäftigen wollen. Es existierten zwar vertragliche Regelungen beispielsweise zwischen Ungarn und der BRD vor dessen Beitritt zur EU, dennoch häuften sich Kontrollen durch deutsche Zollbehörden in solchen Unternehmen. Vor allem die unklare Rechtslage, ob Sozialabgaben zu entrichten sind und falls ja, in welchem Land, bereitet der Fleischbranche große Schwierigkeiten. Hinzu kommt die oftmals nicht genaue Kenntnis über die aktuelle Rechtslage und unterschiedliche Rechtauffassungen in den zuständigen Behörden und Ermittlungsbehörden, wie dem Zoll.
Für ausländische Unternehmen, hier exemplarisch ungarische Unternehmen, sind die Schwierigkeiten bei der Erfüllung deutscher Bestimmungen noch gravierender, da zusätzlich zu der fehlenden Kenntnis von der Auslegung und Definition einiger Rechtsbegriffe durch die deutsche Rechtsprechung noch Probleme sprachlicher Art hinzukommen können. Von Seiten der EU bestehen eindeutige Richtlinien und Bestimmungen, wie die Verordnung für Wanderarbeiter (EWG) Nr. 1408/71 und Regelungen zur Freizügigkeit von Arbeitnehmern sowie der Niederlassungsfreiheit von Selbstständigen und Unternehmen innerhalb der EU. Diese sind jedoch teilweise durch Übergangsregelungen beispielsweise für die Bauwirtschaft durchbrochen worden.
Als ein Ergebnis des Seminars wurde darum beschlossen, dass ein Folgeseminar in Berlin mit Vertretern des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales stattfinden soll, um den Entscheidungsträgern diese Angelegenheit mit Nachdruck näher bringen zu können und um eine gemeinsame Lösung zu finden, die den betroffenen Unternehmen Rechtssicherheit bringt. Außerdem ist die Einrichtung eines Büros in Brüssel ins Auge gefasst worden, um die Interessen der Fleisch- und Ernährungswirtschaft im Zuge des zu erwarteten weiteren Zusammenwachsens der EU besser vertreten zu können.