Handelsvertreter

Was versteht man unter einem Handelsvertreter?

Ein Handelsvertreter ist ein selbständiger Gewerbetreibender, der ständig damit betraut ist, für ein anderes Unternehmen Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (vgl. § 84 Abs. 1 S. 1 HGB). Hierbei handelt er in fremdem Namen auf fremde Rechnung. Gegenstand der Vermittlung können Waren, Wertpapiere, Versicherungen, Finanzinstrumente oder sonstige Dienstleistungen sein. Der Handelsvertreter bekommt für seine Tätigkeit eine Provision.

Rechtsgrundlagen sind hierbei die Handelsvertreter-Richtlinie 86/653/EWG, die §§ 84-92c HGB und die Vorschriften des BGB über Geschäftsbesorgungsverträge mit Dienstleistungscharakter (§§ 675, 611 ff. BGB).

Welche Arten von Handelsvertretern gibt es?

Zunächst ist nach dem Inhalt der Tätigkeit zu unterscheiden. Ein Handelsvertreter kann einerseits nur zur Vermittlung von Geschäften für andere (Vermittlungsvertreter), andererseits zum tatsächlichen Abschluss von Geschäften (Abschlussvertreter) beauftragt sein. Ebenfalls kann zwischen dem Mehrfirmenvertreter und dem Einfirmenvertreter unterschieden werden.

Inwiefern ist ein Handelsvertreter von anderen Geschäftsmittlern abzugrenzen?

Ein Handelsvertreter ist von anderen Geschäftsmittlern zu unterscheiden. Die folgende Abbildung verdeutlicht die Unterschiede zwischen den Geschäftsmittlern:

Neben dem Handelsvertreter gibt es noch andere Arten von Geschäftsmittlern
Neben dem Handelsvertreter gibt es noch andere Arten von Geschäftsmittlern

Wie ist der Vertrag auszugestalten?

Der Handelsvertreter-Vertrag wird zwischen dem selbständigen Handelsvertreter und dem Unternehmen geschlossen. Hierbei handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter (§§ 675, 611 ff. BGB). Durch solch ein Dauerschuldverhältnis werden die Treuepflichten der Parteien erhöht. Ein formloser Abschluss ich zwar möglich, allerdings in der Praxis nicht üblich und nicht zu empfehlen. Viele Vorschriften der §§ 84 ff. HGB sind nicht zu Lasten des Handelsvertreters abdingbar, weshalb die Gestaltungsfreiheit eher begrenzt ist.

Der Handelsvertreter-Vertrag wird zwischen dem Handelsvertreter und dem beauftragenden Unternehmen geschlossen.
Der Handelsvertreter-Vertrag wird zwischen dem Handelsvertreter und dem beauftragenden Unternehmen geschlossen.

Der Vermittlungsvertreter hat lediglich die Vermittlung der Kunden zu dem Unternehmen zum Auftrag. Um die Geschäfte für das Unternehmen hingegen selbst abschließen zu können, muss der Handelsvertreter ermächtigt sein. Sogenannte Abschlussvertreter bekommen von dem jeweiligen Unternehmen eine Abschlussvollmacht.

Bei befristetem Vertrag endet dieser mit Ablauf der Zeit, für die er eingegangen wurde; bei unbefristeten Verträgen endet das Vertragsverhältnis durch außerordentliche (fristlos mögliche) Kündigung aus wichtigem Grund (§ 89a HGB) oder durch ordentliche, befristete Kündigung (§ 89 HGB). Bei Beendigung erlangt der Handelsvertreter unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB). Eine Wettbewerbsabrede ist jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 90a HGB möglich (längstens für zwei Jahre und nur gegen Karenzentschädigung).

Wer haftet für Fehler des Handelsvertreters?

Der Handelsvertreter fungiert als Geschäftsmittler und wird von einem Unternehmen gezielt für dessen Erfolg eingesetzt. Grundsätzlich muss sich das Unternehmen also das Verhalten des Handelsvertreters zurechnen lassen, bspw. durch den § 166 BGB (analog) oder den § 278 BGB. Ein vertraglicher Haftungsausschluss für vorsätzliches Handeln des Handelsvertreters ist allerdings auch möglich (§ 278 S. 2 BGB).

Auch bei Verstößen des Unternehmens im Kartell- und Wettbewerbsrecht, die auf Handlungen des Handelsvertreters beruhen, ist Vorsicht geboten. Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs (EuG, Az.: T-418/10, Voestalpine) zählen Handelsvertreter nämlich zur wirtschaftlichen Einheit eines Unternehmens. Das Risiko für mögliche Verstöße liegt somit beim Unternehmen selbst.

Handelsvertreter haften selbst in Fällen, in denen besonderes Vertrauen des Dritten in Anspruch genommen wurde, in denen er eigene Gewähr für vertragliche Leistungen des Unternehmens übernimmt oder in denen er ohne Vollmacht des Unternehmens handelt.

Welche Rechte und Pflichten hat ein Handelsvertreter?

Die Hauptpflicht des Handelsvertreters ist die Bemühungspflicht bezüglich Vermittlung und Abschluss von Verträgen (§ 86 I HGB). Er hat den Weisungen des Unternehmens Folge zu leisten (§§ 675 I, 665 BGB), solange diese zur Konkretisierung der bestehenden Pflicht dienen. Ebenfalls hat er der Treuepflicht zu folgen. Hierbei handelt es sich um ein vertragsimmanentes Wettbewerbsverbot. Rechtsfolgen einer Verletzung können Schadensersatz, Auskunft, Unterlassung und außerordentliche Kündigung sein.

Hauptrecht des Handelsvertreters ist der Anspruch auf Zahlung einer Provision des beauftragenden Unternehmens (§§ 87, 87a HGB). Zusätzlich steht dem Handelsvertreter nach der Beendigung des Vertrages ein Ausgleichsanspruch zur Würdigung des geleisteten und des weiter bestehenden Mehrwerts für das Unternehmen zu (§ 89b HGB).

Welche sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Themen können eine Rolle spielen?

Handelsvertreter sind selbständige Gewerbebetreibende und unterliegen somit der Gewerbesteuer. Sie erhalten zwar kein klassisches Gehalt, unterliegen jedoch je nach Brache zusätzlich der Umsatzsteuerpflicht. Handelsvertreter sind als Selbstständige im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB grundsätzlich nicht sozialversicherungspflichtig.

Auch bei Handelsvertretern besteht jedoch das Risiko der Scheinselbständigkeit. Scheinselbständige sind rein formell Selbstständige. Tatsächlich sind sie jedoch Arbeitnehmer des Auftraggebers. Ein Handelsvertreter ist als Scheinselbständiger einzuordnen, wenn er arbeitsrechtlichen Weisungen unterliegt und in das Einsatzunternehmen stark eingebunden ist.

Problematisch wird es für das beauftragende Unternehmen, wenn solch eine Scheinselbständigkeit vorliegt. Scheinselbständige Handelsvertreter sind dann in Wirklichkeit Arbeitnehmer und in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung versicherungspflichtig (§ 7 Abs. 1 SGB IV).

Wir beraten Sie gerne bezüglich jeglicher Themen rund um den Einsatz von Handelsvertretern und die rechtlichen Besonderheiten. Bei Fragen oder Interesse an einer Beratung nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf!

Rechtsanwalt Nicolas Prochaska hilft Ihnen bei allen Fragen zum Handelsvertreterrecht

Herr Rechtsanwalt Prochaska berät Sie bei allen Fragen des Wirtschaftsrechts. Als Fachanwalt liegt sein Schwerpunkt insbesondere auf dem Gebiet des Handels- und Gesellschaftsrechts. Er steht Ihnen bei Fragen der Unternehmensgründung, der Unternehmensumwandlung, des Unternehmenskaufs oder der Unternehmensnachfolge ebenso mit Rat und Tat zur Seite wie bei der Ausgestaltung von Gesellschafts- und Geschäftsführerverträgen oder auch bei Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern. Ebenso berät Sie Herr Prochaska bei Fragen des Einsatzes von Selbständigen. Er unterstützt Sie hier sowohl in strafrechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen als auch in steuerrechtlichen Verfahren. Sie erreichen ihn per E-Mail (prochaska@protag-law.com) und telefonisch unter 06221 338 63 – 0.