Keine Staatenimmunität eines ausländischen Staats für ein privatrechtlich begründetes Arbeitsverhältnis, wenn die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben nicht hoheitlicher Art sind, BAG Urteil – 5 AZR 962/13

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob die Vergütung des Klägers durch griechische Gesetze gekürzt worden ist. Die beklagte Republik Griechenland betreibt in N eine nach bayerischem Schulrecht genehmigte private Grund- und Teilhauptschule. An dieser Schule ist der Kläger als Lehrer beschäftigt.

Der Formulararbeitsvertrag vom 29. September 1998 ist die Grundlage des Arbeitsverhältnisses. Daraus ergibt sich, dass das Arbeitsverhältnis sich an den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und an die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und Sonderregelungen anlehnt.

Laut der Nachtragsvereinbarung solle sich das Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2006 an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) anlehnen.

Griechische Gesetze über Kürzungen von Zulagen, Entschädigungen und Entgelte

Die Republik Griechenland erließ aufgrund der mit der Europäischen Union (EU), der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfond (IWF) getroffenen Vereinbarungen unter anderem das Gesetz Nr. 3833/2010 über dringende Maßnahmen zur Bewältigung der Krise der Staatsfinanzen, laut dem Kürzungen von Zulagen jeder Art, Entschädigungen und Entgelte im griechischen öffentlichen Dienst vorgesehen sind.

Darüber hinaus erließ die Republik Griechenland das Gesetz Nr. 3845/2010 über Maßnahmen für die Anwendung des Stützungsmechanismus für die griechische Wirtschaft von Seiten der Mitgliedsländer der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds

Unter Berufung auf die oben genannten Gesetze kürzte die Beklagte die Vergütung des Klägers einschließlich der Jahressonderzuwendungen.

Daraufhin reichte der Kläger eine Klage ein und verlangte für den Zeitraum August 2010 bis Dezember 2012 die Differenz zwischen der arbeitsvertraglich vereinbarten und der tatsächlich gezahlten Vergütung in Höhe von 20.232,32 Euro. Zusätzlich beantragte der Kläger, den Beklagten zur Erteilung von Abrechnungen für den oben genannten Zeitraum zu verurteilen.

Während das Arbeitsgericht die Klage als unzulässig abwies, gab das Landesarbeitsgericht ihr statt. Mit der Revision begehrte die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Hoheitliche und nicht-hoheitliche Akten ausländischer Staaten

Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem als Bundesrecht geltenden Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Die insoweit für den Senat maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterscheidet allerdings zwischen der völkerrechtlich allgemein anerkannten Immunität von Hoheitsakten ausländischer Staaten und nicht-hoheitlichen Akten ausländischer Staaten. Danach unterfallen Hoheitsakte ausländischer Staaten (sog. acta iure imperii) grundsätzlich immer der Staatenimmunität. Dagegen ist es keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln genießt.

Natur der dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Streitigkeit aus einem privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnis. Hierzu kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich darauf an, ob die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben ihrer Natur nach hoheitlich oder nicht-hoheitlich sind. Dabei ist der Inhalt der ausgeübten Tätigkeit entscheidend.

Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger als Lehrkraft an der griechischen Schule in N keine hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt. Vielmehr handelt der Beklagte als eine inländische Privatperson.

Anwendung der griechischen Gesetze nur auf dem Staatsgebiet der Republik Griechenland

Die griechische Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 haben die arbeitsverträglich vereinbarte Vergütung des Klägers nicht gekürzt, da sie auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht gelten. Aus diesem Grund findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien deutsches Recht Anwendung. Das deutsche Recht lässt eine einseitige Änderung arbeitsvertraglich vereinbarter Arbeitsbedingungen ohne Änderungsvertrag oder Änderungskündigung nicht zu.

Dementsprechend steht dem Kläger für den Zeitraum die Differenz zwischen der vereinbarten und der von der Beklagten tatsächlich gezahlten Vergütung zu.

Ferner stellte das BAG fest, dass der Kläger für das gezahlte Arbeitsentgelt Anspruch auf Abrechnungen nach § 108 Abs. 1 GewO hat. Die Verpflichtung zu Abrechnung nach § 108 GewO trifft jeden im Inland tätigen Arbeitgeber (auch die Republik Griechenland), unabhängig davon, ob er ein privater oder öffentlicher ist.