Keine Arbeitnehmerüberlassung bei einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen, Urteil vom LArbG Macklenburg-Vorpommern – 5 Sa 209/16
Sachverhalt
Die Klägerin war seit 16.02.1976 als Krankenschwester in der medizinischen Klinik der Universität B-Stadt (folgend Universitätsklinikum) tätig, die eine stationäre Versorgung von nierenkranken Patienten inklusive erforderliche Dialysen gewährleistete. Im Jahr 1992 gründete die Universität B-Stadt mit einem gemeinnützlichen Verein (das KfH, der Beklagte zu 1), das Nierenzentrum B-Stadt für die ambulante Versorgung von Dialysepatienten. Das KfH, Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V., unterhält in Deutschland rund 200 Nierenzentren und beschäftigt mehr als 5.000 Arbeitnehmer.
Seit 1992 ist die Klägerin im Nierenzentrum B-Stadt eingesetzt. Mit Ausgliederung der Universitätsmedizin übernahm später die Beklagte zu 2) das Arbeitsverhältnis der Klägerin.
Von beiden Parteien gestellte Einrichtungen
Das KfH (Beklagte zu 1) stellt dem Nierenzentrum B-Stadt die erforderlichen medizinischen Geräte, insbesondere die Dialysegeräte. Außerdem verfügt es über eine zentrale Fortbildungseinrichtung, die auch von den Mitarbeitern der Nierenzentrums B-Stadt genutzt wird. Die Beklagte zu 2. stellt das Grundstück einschließlich Wasser und Strom
Vereinbarungen des Universitätsklinikums und des KfH
Die Beklagten legten ihre Zusammenarbeit in der Kooperationsvereinbarung sowie in zwei Personalgestellungsverträgen fest.
Seit der Erstreckung der gesetzlichen Erlaubnispflicht gemäß § 1 AÜG auf alle Arbeitgeber, die „im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit“ Arbeitnehmerüberlassung betreiben, beantragte das Uniklinikum eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis und schloss daraufhin eine Zusatzvereinbarung für Leiharbeitnehmer zum bestehenden Arbeitsvertrag vom 16.02.1976. Laut dieser Vereinbarung erklärte die Arbeitnehmerin sich bereit, ihre Arbeitsleistung im Rahmen des AÜG vorübergehend auch bei Drittbetrieben zu erbringen.
Daraufhin vertrat die Klägerin die Ansicht, das Universitätsklinikum habe sie gewerbsmäßig dem KfH überlassen.
Die Parteien stritten darüber, ob die Klägerin, die beim Universitätsklinikum angestellt ist, im Wege der Arbeitnehmerüberlassung beim KfH tätig geworden und nach den bei letztem geltenden Tarifverträgen zu vergüten ist.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab und stellte fest, es liege keine Arbeitnehmerüberlassung vor.
Dagegen wendete sie die Klägerin mit der Berufung.
Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen ist keine Arbeitnehmerüberlassung
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin nicht als Leiharbeitnehmerin im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz. 1 AÜG tätig geworden ist. Als Begründung führte das LArbG aus, dass die Arbeitnehmerüberlassung von einer Tätigkeit des Arbeitnehmers in einem gemeinsamen Betrieb zu unterscheiden ist. Hierbei handelt es sich nicht um Arbeitnehmerüberlassung, wenn die Arbeitnehmer in einen Gemeinschaftsbetrieb entsandt werden, zu dessen gemeinsamer Führung sich ihr Vertragsarbeitgeber und ein Dritter rechtlich verbunden haben.
Kennzeichen eines gemeinsamen Betriebs
Als Kennzeichen eines gemeinsamen Betriebs mehrerer Unternehmen nannte das LArbG die Tatsache, dass die in einer Betriebstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Ferner müssen sich die beteiligten Unternehmen zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben.
Im vorliegenden Fall führen die Beklagten das Nierenzentrum B-Stadt gemeinsam. Es besteht ein einheitlicher Leitungsapparat, an dem beide Beklagten einen erheblichen Anteil haben. Während das KfH unter anderem die Dialysegeräte beschafft, bringt das Universitätsklinikum ihr Grundstück ein. Die Zusammenarbeit der Beklagten ermöglicht eine räumliche und personelle Verzahnung der stationären sowie der ambulanten Betreuung nierenkranker Patienten. Darüber hinaus stellen beide Beklagten Ärzte, Krankenpfleger und Hilfskräfte einschließlich Leitungspersonal für das Nierenzentrum zur Verfügung.
Fazit
Aus oben genannten Gründen stellte das LArbG fest, dass das KfH nicht im Wege der Arbeitnehmerüberlassung Arbeitgeber der Klägerin geworden ist. Daher hat diese keinen Anspruch auf die Zahlung des Entgelts aus den bei ihm angewandten Tarifverträgen.