Illegale Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer, BGH Beschluss vom 25.10.2017 – 2 StR 50/17

Sachverhalt

In der Strafsache, über die der BGH zu entscheiden hatte, stellte ein Unternehmen bundesweit Reinigungskräfte bereit. Da eine erhebliche Nachfrage nach Reinigungskräften bestand, versuchte die Geschäftsführung weitere Arbeitskräfte zu akquirieren. Nachdem die Erteilung von Arbeitserlaubnissen gescheitert war, setzte das Unternehmen Scheinselbstständige aus Polen, Rumänien und Bulgarien ein. Für diese wurde zur damaligen Zeit eine Arbeitserlaubnis benötigt.

Die Vorinstanz nahm eine illegale Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern an. Zugleich bejahte die Vorinstanz ein auffälliges Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer, da den Selbstständigen jeglicher Schutz in der Renten-, Arbeitslosen-, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung fehlte. Zudem vermisste die Vorinstanz Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn, Urlaub und Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall. Von daher wurde der Straftatbestand des § 10 Abs. 1 SchwarzArbG bejaht.

Zurückweisung mangels Vorliegen eines auffälligen Missverhältnisses

 Der BGH bejahte die illegale Beschäftigung der ausländischen Arbeitnehmer, da diese keine Arbeitserlaubnis für ihre Tätigkeiten hatten. Er lehnt jedoch die Begründungen der Vorinstanz ab, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer und den betroffenen ausländischen Arbeitnehmern aufgrund der Feststellungen bestünde.

Nach Ansicht des BGH liegt ein auffälliges Missverhältnis vor, wenn die Arbeitsbedingungen der ausländischen Arbeitnehmer so beträchtlich schlechter sind als die Arbeitsbedingungen vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer, dass für einen mit den Gepflogenheiten der jeweiligen Branche vertrauten Dritten ein augenfälliger Unterschied besteht. Die negative Abweichung der Arbeitsbedingungen muss daher eine gewisse Erheblichkeit aufweisen. Es muss eine offensichtliche Diskrepanz von Leistung und Gegenleistung bestehen. Dabei müssen in der Regel alle Arbeitsbedingungen wie Lohn, Urlaub, soziale Absicherung, Schutz vor Arbeitsunfällen und Kündigung in einer Gesamtschau gewürdigt werden. Die von der Vorinstanz angenommene Nichtanmeldung zur Sozialversicherung genügt hierfür allein nicht. Insbesondere gebietet dies nicht der Schutzzweck der Norm. § 10 Abs. 1 SchwarzArbG hat einen doppelten Schutzzweck. Zum einen schützt er den inländischen Arbeitsmarkt vor nachteiligen Auswirkungen durch eine unkontrollierte Beschäftigung. Zum anderen schützt er auch den Ausländer, der sich ggf. mangels Arbeitserlaubnis nicht an die zuständigen Behörden und Institutionen wendet. Zurecht erkennt der BGH an, dass die Mitgliedschaften in der gesetzlichen Sozialversicherung auch ohne Anmeldung kraft Gesetzes entstehen. Nichtanmeldung führt daher nicht zu einem Nachteil des ausländischen Arbeitnehmers. Er hat lediglich aufgrund der Nichtanmeldung Beweisprobleme, dass ein Beschäftigungsverhältnis besteht. Dieser negative Umstand kann durch andere Vorteile ausgeglichen werden. Von daher müssen alle Umstände in einer Gesamtschau gewürdigt werden.

Zurückweisung mangels ausreichender Darlegung der Hinterziehung von Sozialabgaben

 Des Weiteren bemängelte der BGH, dass die Arbeitgebereigenschaft des Beschuldigten nicht ausreichend dargelegt worden ist. Dies war hinsichtlich eines Teils der ausländischen Beschäftigten Arbeitnehmer noch erforderlich. Zudem wäre es Sache der Vorinstanz gewesen, die Höhe der hinterzogenen Sozialabgaben nachvollziehbar darzulegen.

Aus diesen Gründen verwies der BGH die Sache an die Vorinstanz zur erneuten Entscheidung zurück.

Praxishinweise

Das Urteil des BGH zeigt einmal mehr auf, welche Risiken Unternehmer und Arbeitgeber treffen können, wenn sie unzutreffend Soloselbstständige einsetzen, die sich als Scheinselbstständige und damit als Arbeitnehmer entpuppen. Da für diese regelmäßig keine Sozialabgaben abgeführt werden, wird sehr schnell der Vorwurf der Hinterziehung von Sozialabgaben erhoben. Handelt es sich bei den Betroffenen noch um Ausländer, besteht die Gefahr einer illegalen Beschäftigung. Der Fall zeigt des Weiteren, dass auch sehr schnell hohe Beträge für die Betroffenen auflaufen. Für diese Beträge haften Geschäftsführer auch mit ihrem Privatvermögen.

Es empfiehlt sich daher für alle Unternehmer, die mit Soloselbstständigen zusammenarbeiten, dies anwaltlich intensiv überprüfen zu lassen und ggf. rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. Hierbei können wir Sie unterstützen.