Gleichstellungsgrundsatz: Schutz nur für Leiharbeiter? LAG Urteil 5 Sa 37/23

Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern behandelt die Frage, ob eine Arbeitnehmerin, die als Call-Center-Agentin arbeitet, als Leiharbeitnehmerin zu qualifizieren ist und Anspruch auf Auskunft über die Arbeitsbedingungen anderer Beschäftigter hat. Dieses Urteil ist bedeutsam, da es die rechtliche Unterscheidung zwischen Stamm- und Leiharbeitnehmern sowie deren Rechte klärt.

Sachverhalt

Stammarbeiter unterliegen nicht dem Gleichstellungsgrundsatz wie Leiharbeiter.

Die Klägerin, eine 1964 geborene Arbeitnehmerin, ist seit 2013 als Call-Center-Agentin bei der Beklagten, einem konzernabhängigen Unternehmen, beschäftigt. Die Beklagte setzt neben eigenen Mitarbeitern auch Leiharbeitnehmer und zugewiesene Beamte eines anderen Konzernunternehmens ein. Am Standort der Klägerin sind die meisten Beschäftigten Leiharbeitnehmer oder zugewiesene Beamte, die besser vergütet werden als die Klägerin. Die Klägerin ging daher davon aus, dass ein Betrieb des anderen Konzernunternehmens vorlag, an den sie verliehen wurde. Die Klägerin verlangte die Feststellung, dass ihre Tätigkeit als Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zu werten sei, und forderte Auskunft über die Arbeitsbedingungen der anderen Beschäftigten.

Entscheidung des LAG

Ein Betrieb kann auch durch Leiharbeiter geführt werden

Das Gericht entschied, dass die Klägerin nicht als Leiharbeitnehmerin im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) anzusehen ist. Obwohl die Mehrzahl der Mitarbeiter und Vorgesetzten am Standort der Klägerin Leiharbeitnehmer oder zugewiesene Beamte sind, bleibt die Klägerin in die Arbeitsorganisation der Beklagten integriert und unterliegt deren Weisungsrecht. Maßgeblich ist, dass die Weisungsbefugnisse der Vorgesetzten, die bei der Nebenintervenientin angestellt sind, auf die Geschäftsführung der Beklagten zurückzuführen sind. Die Weisungen werden also nicht von einem Dritten, sondern von der Beklagten selbst abgeleitet und verfolgt. Daher liegt keine Arbeitnehmerüberlassung vor, da die Klägerin ihre Arbeitsleistung nicht für die Nebenintervenientin, sondern für die Beklagte erbringt. Ein Betrieb kann somit auch durch Leiharbeiter geführt werden.

Gleichstellungsgrundsatz schützt Leiharbeiter aber nicht Stammbeschäftigte

Im zweiten zentralen Punkt entschied das Gericht, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Auskunft über die Arbeitsbedingungen und Vergütungen der Leiharbeitnehmer und zugewiesenen Beamten hat. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 13 AÜG noch aus anderen gesetzlichen Vorschriften. Der Gleichstellungsgrundsatz des § 8 Abs. 1 AÜG schützt ausschließlich Leiharbeitnehmer vor einer Schlechterstellung gegenüber Stammarbeitnehmern, jedoch nicht umgekehrt. Da die Klägerin als Stammarbeitnehmerin bei der Beklagten beschäftigt ist, gehört sie nicht zu dem durch das AÜG geschützten Personenkreis. Folglich besteht kein Anspruch auf eine gleichartige Vergütung oder auf Auskunft über die Bedingungen der besser bezahlten Leiharbeitnehmer.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil verdeutlicht, dass Stammarbeitnehmer keinen Anspruch auf die gleichen Arbeitsbedingungen wie Leiharbeitnehmer haben. Es bestätigt die Rechtsprechung, dass der Gleichstellungsgrundsatz des AÜG nur Leiharbeitnehmer schützt. Für die Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen ihre Stamm- und Leiharbeitnehmer unterschiedlich behandeln dürfen, solange keine unzulässige Diskriminierung vorliegt.

Fazit

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Das Urteil betont die Unterschiede zwischen Stamm- und Leiharbeitnehmern und stellt klar, dass der Gleichstellungsgrundsatz des AÜG nicht zugunsten der Stammarbeitnehmer wirkt. Arbeitnehmer sollten sich der Unterschiede bewusst sein und Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass sie die gesetzlichen Vorgaben einhalten, um rechtliche Konflikte zu vermeiden. Für beide Seiten ist es ratsam, die vertraglichen Bedingungen klar zu regeln und transparent zu kommunizieren.

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