Allgemeinverfügung des Landes Nordrhein-Westfalen zu Zwangstests in Fleischverarbeitungsbetrieben rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht Münster entschied mit Beschluss vom 06.08.2020, 5 L 596/20, dass die Allgemeinverfügung des Landes Nordrhein-Westfalen, wonach generell Personal in fleischverarbeitenden Betrieben getestet werden muss, offensichtlich rechtswidrig ist. Das Gericht gab damit dem Antrag eines fleischverarbeitenden Betriebes statt. Nach Nr. 1 der Allgemeinverfügung müssen Schlachtbetriebe, Pflegebetriebe und fleischverarbeitende Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigten in der Produktion bis zu zweimal pro Woche auf Kosten des Betriebsinhabers ihre Beschäftigten auf das Corona-Virus testen. Hiergegen wendete sich der betroffene Betrieb. Das VG Münster gab ihm vollumfänglich Recht.

Das Gericht sah darin keine notwendige Schutzmaßnahme. Das Gericht bemängelt zu Recht, dass die Allgemeinverfügung nicht zwischen Schlacht- und Zerlegebetrieben einerseits und Fleischverarbeitungsbetrieben andererseits differenziert. Das betroffene Unternehmen ist nämlich ein Wursthersteller und damit ein Fleischverarbeitungsbetrieb. Das Gericht folgt dem betroffenen Unternehmen darin, dass die Situation in Schlacht- und Zerlegebetrieben anders ist als in Fleischverarbeitungsbetrieben. In Fleischverarbeitungsbetrieben wird das zu verarbeitende Fleisch nicht zerlegt, sondern bereits in kleineren Stücken angeliefert. Damit finden auch schwere körperliche Arbeiten auf engem Raum nicht statt. Auch muss das Fleisch nicht so intensiv gekühlt werden wie in Schlachtbetrieben. Da in Wurstbetrieben z.B. Wurst hergestellt wird, die produktionsbedingt erhitzt wird, hat man hier Temperaturen von 16° C bis 20° C. Die Situation ist damit eine komplett andere als in der Schlachtung und Zerlegung. Zudem verweist das VG Münster auch auf die Regelungen in Baden-Württemberg und Niedersachsen, wo konsequent zwischen Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetrieben unterschieden wird.

Das VG Münster beweist hier Augenmaß und erkennt an, dass grundlegende Unterschiede zwischen Schlacht- und Zerlegebetrieben auf der einen Seite und Fleischverarbeitungsbetrieben auf der anderen Seite bestehen. So ist die Arbeitssituation eine ganz andere. In Schlacht- und Zerlegebetrieben stehen Mitarbeiter häufig bauartbedingt enger beieinander. In Fleischverarbeitungsbetrieben hingehen können viele Produktionsschritte von Maschinen übernommen werden, sodass an einer Linie meist nur wenige Werkarbeiter stehen. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich eine unterschiedliche Behandlung. Auch wir haben in der Interessengruppe Werkverträge Fleisch immer wieder darauf hingewiesen, dass Fleischverarbeitungsbetriebe nicht in einen Topf zusammen mit Schlacht- und Zerlegeunternehmen geworfen werden dürfen. Die Produktionsabläufe und Arbeitsbedingungen sind vollkommen andere. Auch sind die bisherigen behaupteten Rechtsverletzungen betreffend Werkarbeiter lediglich in Schlachtbetrieben aufgeworfen worden. Aus diesem Grunde sollte der Gesetzgeber stark differenzieren.