Abhängiger Status eines mitarbeitenden Gesellschafters bei einem Zusammenschluss ungarischer Schlachter zum Zweck der Schweine- und Rinderschlachtung, LSG München – L 7 R 504/15
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall stritten die Parteien darüber, ob Schlachter im Rahmen der werkverträglichen Tätigkeit als Kommanditisten der Klägerin abhängig beschäftigt waren.
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss ungarischer Schlachter in Form einer Kommanditgesellschaft zum Zwecke der Schweine- und Rinderschlachtung. Bei den Kommanditisten handelt es sich um ungarische Schlachter, die Aufträge der Klägerin von Dritten als Schlachter erfüllten. Die Klägerin schloss mit der Fleisch-, Schlacht- und Zerlegebetriebe GmbH U-Stadt einen „Werkvertrag“, laut dem wöchentlich im Durschnitt 2.200 Rinder geschlachtet werden sollen.
Während die Fleisch-, Schlacht- und Zerlegebetriebe GmbH die Betriebseinrichtung, die Unterkünfte und die Sozialräume der Kommanditgesellschaft gegen Entgelt zur Verfügung stellte, erledigte die Kommanditgesellschaft mit Hilfe der Schlachter die Aufträge.
Statusfeststellung der Schlachter durch die Deutsche Rentenversicherung
Nachdem die Klägerin ihre Kommanditisten im Rahmen dieses Werkvertrags einsetzen wollte, stellte sie bei der Beklagten (der Deutschen Rentenversicherung) Statusfeststellungsanträge.
Die Deutsche Rentenversicherung stellte in den jeweiligen Bescheiden fest, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis mit entsprechender Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung vorliege.
Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin Klagen, die das Sozialgericht Augsburg als unbegründet abwies. Hingegen legte die Klägerin die Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht ein.
In seinem Urteil stellte das LSG München fest, dass die Schlachter bei ihrer Tätigkeit für die Klägerin abhängig beschäftig und damit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung waren.
Als Begründung führte das LSG München aus, dass Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftig sind, grundsätzlich der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, und Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen.
Merkmale einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine solche versicherungspflichtige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers bezüglich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung unterliegt.
Selbständige Tätigkeit
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Das LSG München kam zu den folgenden Ergebnissen:
- Anhand der tatsächlichen Verhältnisse der Tätigkeit waren die Schlachter in die Organisation der Klägerin eingegliedert.
- Bezüglich Ort und Zeit der Leistungserbringung waren sie nach Einteilung durch die Klägerin in ein bestimmtes Team nicht mehr frei, da sie ab dann an bestimmte Arbeitszeiten gebunden waren.
- In diesem Team waren sie wie Arbeitnehmer zur Leistungserbringung verpflichtet, da die Klägerin nur so ihre Aufträge gegenüber der Kundin erfüllen konnte.
- Sie unterlagen außerdem dem Weisungsrecht der Klägerin.
- Im Hinblick auf ihre Schlachttätigkeit trugen sie kein nennenswertes Unternehmensrisiko.
Zusätzlich brachte das LSG München zum Ausdruck, dass aus der Gesellschafterstellung als Kommanditist sich auch nicht ergibt, dass es sich um keine abhängige Beschäftigung handelte.
Selbständige Tätigkeit eines mitarbeitenden Gesellschafters
Dabei ist ein mitarbeitender Gesellschafter selbständig tätig, wenn er aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter die Rechtsmacht hat, unliebsame Weisungen in Bezug auf seine Tätigkeit zu verhindern. Was für die Beurteilung der Rechtsmacht in einer GmbH gilt, gilt auch für eine Kommanditgesellschaft.Hierbei kommt es darauf an, ob ein Kommanditist über einen beherrschenden Stimmanteil nach dem Kommanditgesellschaftsvertrag jeden ihm genehmen Beschluss auch gegen den Willen der Gesellschafter der Komplementär-GmbH durchsetzen kann, insbesondere auch, wenn er die laufenden Geschäfte der Kommanditgesellschaft führt.
Dies ist hier nicht der Fall – die Schlachter hatten derartige Rechtsmacht nicht.
Aus oben genannten Gründen wurde die Tätigkeit der Schlachter für die Klägerin als eine abhängige Beschäftigung qualifiziert. Daher unterliegen die Schlachter der Versicherungspflicht.